Syntax ungeprüft
siehe auch: Psalm 149/Persönliche Fassung (Sebastian Walter)
Lesefassung (Psalm 149)
1Halleluja!
Singt ⸂dem Herrn⸃ ein neues Lied,
- ja, singt sein Lob in der Gemeinde der Getreuen!
2Es freue Israel sich über seinen Schöpfer,
- und über ihren König sollen Zion’s Kinder jubilieren!
3Mit Tänzen sollen sie Ihn preisen,
- aufspielen Ihm mit Tamburin und Zither.
4Denn Wohlgefallen hat ⸂der Herr⸃ an seinem Volk
- mit Heil schmückt Er die Unterdrückten.
5Die Treuen sollen jauchzen über diese Herrlichkeit,
- ja, jubeln sollen sie auf ihren Lagern -
6Lobpreisungen auf Gott in ihrem Mund,
- ein scharfes Schwert in ihrer Hand -
7um auszuüben Rache an den Völkern
- und Züchtigung an den Nationen,
8um ihre Könige zu binden
- und ihre Adligen zu ketten,
9um Recht zu sprechen, wie geschrieben steht -
- oh, welche Ehr’ ist er für die Getreuen!
Halleluja!
Anmerkungen
Studienfassung (Psalm 149)
1Halleluja (Preist Jah, Preist JHWH)!
Singt JHWH ein neues Lied,〈a〉
- [singt]〈b〉 seinen Lob(-preis, Ruhm) in der Gemeinde (Truppe)〈c〉 der Getreuen (Frommen, Heiligen?)〈c〉
2Israel soll sich seines Schöpfers〈d〉 freuen,
- ob ihres Königs sollen Zion’s Söhne (Kinder) frohlocken(jubeln, jauchzen).
3Sie sollen seinen Namen preisen mit (im〈e〉) Tanz (Reigen, Isisklapper〈f〉,
- mit Tamburin und Zither sollen sie ihm spielen,
4 Denn (Ja!, damit?)〈g〉 JHWH hat Wohlgefallen an seinem Volk,
- [seine] (die)〈h〉 Unterdrückten (Gebeugten, Niedrigen, Demütigen, Armen, Hilflosen, Duldern) glorifiziert (verherrlicht, schmückt, krönt?)〈i〉 er mit ([seinem])〈j〉) Heil (Sieg; Rettung).
5Jauchzen sollen die Getreuen (Frommen, Heiligen (?))〈c〉 ob [ihrer]〈k〉 Herrlichkeit (Herrlichen)〈k〉,
6Loblieder (-preisungen, Rühmungen, Lobeserhebungen)〈n〉 Gottes (auf Gott) (sollen sein) in ihrer Kehle (ihrem Mund, singend)
- und (gleich einem, (und) das ist)〈o〉 ein zweischneidiges Schwert (eine Doppelaxt?〈p〉) (soll sein) in ihrer Hand (-)〈m〉
7 zum Ausüben von Rache (um Rache zu üben, auf dass er Rache übe〈q〉) an den Völkern (Nationen),
- [und von] Züchtigung〈r〉 (Züchtigungen, und um zu züchtigen, auf dass er züchtige〈q〉) an den Nationen (Völkern);
8 zum Binden (auf dass er binde〈q〉) ihrer Könige (Herrscher) mit Fesseln (Handschellen)〈s〉,
9 zum Gericht-Halten (zum Recht-Sprechen, um Gericht zu halten, um Recht zu sprechen, zum Halten von geschriebenen Recht)〈u〉 (auf dass er Recht spreche〈q〉) wie geschrieben [steht]〈v〉.
- Er (Das〈w〉) ist (bringt)〈w〉 Ehre (Herrlichkeit, Pracht, Ruhm) seinen (für seine, seiner)〈w〉 Getreuen (Frommen).
- Halleluja (Preist Jah, Preist JHWH)!
Anmerkungen
a | idiom. Ausdruck; vgl. z.B. auch Ps 33,3; 40,3; 96,1; 98,1; 144,9; Jes 42,10.
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b | תְהִלָתוֹ gelesen als zweites Objekt von שִירוּ; so schon Ewald; vgl. auch Ehrlich 1905, S. 391; Gerstenberg 2001, S. 452. Eine Ergänzung von „erschalle“ o.Ä. (so EÜ; Herder; Kraus 1966, S. 965; Nötscher 1953, S. 290) ist ganz unnötig. (Zurück zu v.1) |
c | vgl. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855: „Das Wort קהל „Versammlung“ hat von seiner Verwendung her sowohl militärische (der Heerbann, das Aufgebot) wie kultische (Gemeinde) Konnotationen.“; daher der sekundäre Übersetzungsvorschlag „Truppe“. Entsprechend wird dann auch das Chasidim (i.d.R.: „fromm“, auch: „loyal“) mit einem „militärischeren“ Begriff übertragen; meist eben „Getreue“ (so NeÜ, SLT2000, ZÜR, Deissler 1989, Hossfeld / Zenger 2008, Zenger 1987), obwohl es auch von diesen dann i.d.R. als Ausdruck für die versammelte Kultusgemeinde verstanden wird. LUT84, Tafel und Goulder 1998 haben „Heilige“, warum auch immer. (zu v.1 / zu v.5) |
d | Plural; vermutl. Hoheitsplural (vgl. Dahood 1970, S. 356; Hossfeld / Zenger 2008, S. 855; Kraus 1966, S. 965; ähnlich auch schon Paulus 1815, S. 594). Allerdings gibt es auch Exegeten, die die Existenz eines Hoheitsplural im Hebräischen ganz grundsätzlich anzweifeln. (Zurück zu v.2) |
e | häufig wiedergegeben als beth locale - „im Tanz“. Allerdings ist das direkt darauf folgende בְתׁף וְכִנוֹר, ebenfalls mit der Präposition Beth, zu auffällig, als dass es hier je unterschiedlich gelesen und übersetzt werden dürfte. „Der Reigen war, wie die Musik dazu, Gottesdienst und gehörte somit zum Lobe JHVHes.“ (Ehrlich 1905, S. 392) Noch signifikanter ist es, wenn man die nächste Fußnote miteinbezieht. (Zurück zu v.3) |
f | zu מָחוֹל als Bezeichnung für ein Instrument vgl. Greswell 1873, S. 267 („Pfeife“); TUR („Schalmei“); Zorell 1928, S. 259f („Isisklapper“) nach Syr („Zimbeln“); vgl. v.a. noch Ps 150,4. Vom Parallelismus her liegt das an beiden Stellen tatsächlich auch nah, aber s. Ps 30,12 (*„Du hast mein Klagen in Isisklappern verwandelt“); Klg 5,15 (*„Unsere Isisklappern haben sich in Klagen verwandelt“). (Zurück zu v.3) |
g | Das כִי ließe sich lesen
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h | Double duty-Suffix (->Brachylogie) aus Sticho a; so auch Ceresko 1986, S. 180. (Zurück zu v.4) |
i | „Krönen“ nach EÜ, HER, MEN, NL, Christensen 2005.149; Gunkel 1911; Kraus 1966; Terrien 2003; ähnlich H-R + Schmidt 1934: „kränzen“. Dieses „Krönen“/„Kränzen“ kommt wohl von der Zusammenlesung von פאר II und פְאֵר, was aber zweifelhaft ist (vgl. z.B. Ges18, S. 1035). Die Mehrheitsübersetzung ist „schmücken“, was aber z.B. im HALOT schon gar nicht mehr neben „to glorify“ erwähnt wird. Eigentlich wäre „verherrlichen“ unsere Primärentscheidung; es tut aber Not, hier anders denn mit „verherrlicht“ zu übersetzen. In V. 5 nämlich ist die Rede von „ihrer כָבוֹד“; und die einzige wirklich sinnvolle Übersetzungsmöglichkeit ist auch hier „Herrlichkeit“, obwohl es sich im Hebräischen um zwei unterschiedliche Wörter handelt. Beides gleich zu übersetzen kann leicht zum Missverständnis führen, dass es sich bei „ihrer כָבוֹד“ notwendig um das „Produkt, Ergebnis“ der פָאַר-Tätigkeit Gottes in V. 4 handle. (Zurück zu v.4) |
j | „[seinem]“ evt. als double duty-Suffix (-> Brachylogie) von בְעַמוֹ zu ergänzen; zum Grund vgl. die letzte Fußnote. (Zurück zu v.4) |
k | Das „Herrlichkeit“ hat den Kommentatoren seit jeher einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Seit Baethgen ist man darauf aufmerksam geworden, dass, stünde hinter כָבוֹד („Herrlichkeit“) nur ein Suffix wie hinter מִשְכְבוֹתָם („ihren Lagern“), die Problematik beseitigt wäre (vgl. Boehmer 1903, S. 335; Gunkel 1911 etwa ergänzt daher einfach ein solches Suffix; vgl. Gunkel 1911, S. 338: „„über ihre Herrlichkeit“, bikebodam; Text: „über Herrlichkeit““). Dahood indes hat einen wesentlich simpleren Vorschlag gemacht, um diese crux interpretum aufzulösen: Er liest das Suffix von מִשְכְבוֹתָם einfach als ein auf כָבוֹד zurückwirkendes double duty-Suffix; vgl. Dahood 1970, S. 356 (zum double-duty Suffix siehe Fußnote j). Anm. d. Übers.: Eine Beobachtung möchte ich dem Leser nicht vorenthalten: Akzeptiert man Dahood’s double duty-Vorschlag, hat man in den Versen 5-6 vier Cola mit Substantiven mit der Präposition „in“ (בְ) und dem Possessivpronomen „ihre“ (׳ָם), von denen die ersten drei im Zusammenhang mit einem Wort des „Preisens“ oder Rufens „genannt“ werden.
Die Parallelität wird noch deutlicher, wenn man darauf achtet, dass in V. 6b ein Wortspiel versteckt ist: Bei פִיפִיוֹת „zweischneidig“ nämlich handelt es sich eigentlich um eine alte reduplikative Pluralform von פֶּה „Mund, Rede, Klang“. Und חֶרֶב „Schwert“ wird häufig auch metaphorisch für die Zunge verwendet; vgl. Gen 27,40; Ps 57,5; 59,8; Spr 5,4. Beim „zweischneidigen Schwert“ handelt es sich derart gleichzeitig eine „klingende Zunge“ und es wird so, sozusagen „unter der Hand“, zum vierten Glied im Preislied-parallelismus.
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l | Auch über die ominösen „Lager“ ist schon viel Tinte vergossen worden. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855 bieten eine Übersicht über die bereits vertretenen Interpretationen dieser „Lager“. Die „Lager“ könnten bezeichnen:
Ebenfalls häufig vertreten wurde die Meinung, die „Lager“ stünden schlicht dafür, das etwas bis spät in die Nacht hinein / sehr lange / ohne Unterlass getan würde (so z.B. Alter 2007, S. 513; Ehrlich 1905, S. 78.392; Greswell 1873, S. 299; Hossfeld / Zenger 2008, S. 856; auch BasisBibel; GN; Grünewalder; HfA; NET; NL). Auch Konjekturvorschläge sind öfters gemacht worden (Prinsloo 1997, S. 402 listet sieben verschiedene Vorschläge), die aber sämtlich nicht wirklich überzeugen können (so auch Alter 2007, S. 513). |
m | Gerstenberger hat die grammatische Struktur der Verse 5-9 folgendermaßen nachgezeichnet:
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n | Primärentscheidung einzig wg. obiger „Musikalität“ des Preises. „Lobeserhebungen“: Streng etymologisch gesehen heißt רוֹמַם eigtl. „Erhebung“ (Kön S. 436: „Erhebung, Rühmen, meton. [...] st. Vermittlung: Lobpreis“). Etymologie hin oder her ist aber „Lobpreis“, „Loblied“ einfach das deutsche funktionale Äquivalent zu רוֹמַם, so dass man von einer solchen „wörtlichen“ Übersetzung durchaus Abstand nehmen sollte; daher ist dies die letzte Sekundärentscheidung. (Zurück zu v.6) |
o | das waw wurde auch schon als Waw adaequationis oder Waw explicativum gedeutet (vgl. Lexikon / Lemma וְ). Unter Anderem haben Hossfeld / Zenger 2008, S. 856 diese Vorschläge verworfen. Zum Waw adaequationis vgl. bes. Tournay 1985; dagegen z.B. auch Booij 2008, S. 105; bes. aber Vanoni 1991. (Zurück zu v.6) |
p | so Kraus 1966, S. 965 (Zurück zu v.6) |
q | was wir hier als Primärübersetzung angegeben haben, ist die Standartübersetzung. Die vier Inf. cstr. mit ל-finalis werden für gewöhnlich so gedeutet, dass die im Psalm Angesprochen das in Vv. 5-6 Genannte tun sollten, damit sie dann auch Rache und Züchtigung üben, Könige und Adelige binden und ein Gericht vollziehen könnten (vgl. z.B. Gunkel 1903, S. 367: „The third strophe [=Vv. 7-9] continues to picture this conquest of the world by Israel. Hitherto the heathen have oppressed them, now the Jews take vengeance; hitherto the heathen wronged them, now the Jews bring punishment.“). Der damit geschilderte Sachverhalt - der nämlich, dass die Frommen / Getreuen mit dem Schwert ein Strafgericht an den Völkern und Nationen verüben würden -, wäre jedoch gänzlich singulär in der Bibel, weshalb etwa Leuenberger 2010 bis ins Henoch-Buch hinein suchen muss, um Parallelen für diesen hier vermeintlich geschilderten Sachverhalt zu finden. Dagegen keineswegs singulär, sondern ein sehr häufiges Motiv in der Bibel wäre das Motiv des JHWH-Krieges, das auch Hossfeld / Zenger 2008 im Psalm verdichtet sehen:
Deutliche Beispiele für diesen Gedanken sind etwa Ps 47,3-4: „Als Höchster wird der Herr gefürchtet, / als großer König auf der ganzen Erde. / Er unterjocht uns Völker / und Nationen legt Er uns zu Füßen [...].“ (Grünewalder); Jes 54,5b.15: „Der Heilige Israels ist dein Befreier; „Gott aller Welt“ heißt er. [... Jahwe spricht:] Wer angreift, wird von Mir vernichtet. Wer mit dir kämpft, fällt deinetwegen.“ (Grünewalder) u.ö. |
r | nicht: „Strafgericht“ o.Ä. - „„Züchtigungen“: Begriff aus der Erziehung [...]“ (Hossfeld / Zenger 2008, S. 868 (Zurück zu v.7) |
s | Einige Kommentatoren und Übersetzungen möchten die beiden Fessel-Termini durchaus spezifischer als oben vorgeschlagen übersetzen, z.B. mit (1) „Handschellen“ und (2) „Fußketten“ (vgl. z.B. Alter 2007, S. 513; Gunkel 1911, S. 276). Und in der Tat listen etwa König 1922 und Ges18 neben „Fesseln“ auch „Fußeisen“ für כֶבֶל; allerdings gibt es, soweit ich das sehe, für die spezifische Bedeutung „Fuß-ketten“ nicht mehr Anhaltspunkte als den, dass in Ps 105,18 einmal auch Füße mit diesen Fesseln gefesselt werden. כֶבֶל bedeutet „Fesseln, Ketten“; mehr ist nicht wirklich sicher. (zu v.8) |
t | so sehr schön Schmidt 1934, S. 256) (Zurück zu v.8) |
u | Übersetzungsalternativen nach Hossfeld / Zenger 2008, S. 857. (Zurück zu v.9) |
v | wörtlich: „um an ihnen zu vollziehen geschriebenes Recht“; „wie geschrieben steht“ ist aber die Standart-Übersetzung. Worauf genau das „wie geschrieben steht“ sich bezieht, darüber ist schon sehr viel spekuliert worden. Allerdings ist mir noch keine Auslegung begegnet, die qualitativ wirklich über Spekulationen hinausgehen würde. Am wahrscheinlichsten scheint mir, dass es entsprechend der Wendung כַּכָּתוּב („wie geschrieben steht“) zu verstehen ist - einer Hinweisformel, mit der man sich in der Bibel standartmäßig auf bereits existente, normative Stellen aus der heiligen Schrift bezieht (vgl. Donner 1994, S. 234). (Zurück zu v.9) |
w | Drei mögliche Deutungen lässt dieser Vers zu. (1) - die Mehrheitsdeutung: All das zuvor geschilderte, von den „Frommen“ erreichte, bringt ihnen oder ist ihre Ehre / Ruhm (Ruhm nach BDB u. Zorell); Übersetzung: „Das bringt seinen Frommen Ruhm.“ o.Ä.; vgl. z.B. Gerstenberger 2001, S. 455: „All the heroic accomplishments of the chasîdîm are considered their „glory“ [...].“ Das Problematische an dieser Deutung ist, dass damit gerade in einer Doxologie Gottes ein Motiv, das öfter im Zhg. mit Gott verwendet wird (vgl. z.B. Jes 2,10.19.21; s. auch THAT I:471f.) hier sogar mit dem selben Vokabular auf seine „Frommen“ übertragen würde. Vorzuziehen ist daher: |