Psalm 149: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Die Offene Bibel

Wechseln zu: Navigation, Suche
K (Erste Hälfte korrigiert.)
Zeile 33: Zeile 33:
  
 
{{S|1}}Halleluja (Preist Jah, Preist JHWH)! <br />
 
{{S|1}}Halleluja (Preist Jah, Preist JHWH)! <br />
Singt JHWH ein neues Lied,<ref>idiom. Ausdruck; vgl. z.B. auch Jes 42,10; Ps 33,3; Ps 40,3; Ps 96,1; Ps 98,1; Ps 144,9. In Psalmenkommentaren wird es üblicherweise dahingehend verstanden, dass Jahwe etwas „Neues“ getan habe und daher nun auch ein „neues Lied“ erforderlich würde (so z.B. Gunkel 1911, S. 277; Hossfeld / Zenger 2008, S. 861; Waltner 2006, S. 709; Zenger 1987, S. 53. So auch der Midrasch Tehillim: „Der Heilige, geb. sei er! sprach: So wie ich alle neuen Dinge geschaffen habe, so möget auch ihr mir ein neues Lied anstimmen, wie es heisst: ''Singet dem Ewigen ein neues Lied''.“ (Übers. [http://archive.org/stream/MidraschTehillim/Midrasch_Tehillim#page/n633/mode/2up Wünsche 1893, S. 250])). Anders Terrien, der entsprechend der üblichen Deutung des Psalms als „eschatologischen Hymnus“ auch den Ausdruck „ein neues Lied“ dahingehend versteht, dass er von der Zukunft handle (vgl. Terrien 2003, S. 924; ähnlich auch Tomes 2007, S. 247). Wieder anders und wohl am sinnvollsten Gerstenberger 2001, S. 452, der den Ausdruck bezieht auf „a characteristic kind of hymnic presentation“, was sich allein schon deshalb nahelegt, weil der Ausdruck „ein neues Lied singen“ überdurchschnittlich häufig, nämlich in vier der obigen sechs Stellen (Ps 33,3; Ps 98,1; Ps 144,9; Ps 149,3), kommt im Zhg. mit expliziten Anweisungen zum musikalischen Vortrag (vgl. Tomes 2007, S. 238f.).</ref><br />
+
Singt JHWH ein neues Lied,<ref>idiom. Ausdruck; vgl. z.B. auch [[Psalm 33#s3 |Ps 33,3]]; [[Psalm 40#s3 |40,3]]; [[Psalm 96#s1 |96,1]]; [[Psalm 98#s1 |98,1]]; [[Psalm 144#s9 |144,9]]; [[Jesaja 42#s10 |Jes 42,10]].  
 +
# In Psalmenkommentaren wird es üblicherweise dahingehend verstanden, dass Jahwe etwas „Neues“ getan habe und daher nun auch ein „neues Lied“ erforderlich würde (so z.B. Gunkel 1911, S. 277; Hossfeld / Zenger 2008, S. 861; Waltner 2006, S. 709; Zenger 1987, S. 53. So auch der Midrasch Tehillim: „Der Heilige, geb. sei er! sprach: So wie ich alle neuen Dinge geschaffen habe, so möget auch ihr mir ein neues Lied anstimmen, wie es heisst: ''Singet dem Ewigen ein neues Lied''.“ (Übers. [http://archive.org/stream/MidraschTehillim/Midrasch_Tehillim#page/n633/mode/2up Wünsche 1893, S. 250])).  
 +
# Anders Terrien, der entsprechend der üblichen Deutung des Psalms als „eschatologischen Hymnus“ auch den Ausdruck „ein neues Lied“ dahingehend versteht, dass er von der Zukunft handle (vgl. Terrien 2003, S. 924; ähnlich auch Tomes 2007, S. 247).  
 +
# Wieder anders und wohl am sinnvollsten Gerstenberger 2001, S. 452, der den Ausdruck bezieht auf „a characteristic kind of hymnic presentation“, was sich allein schon deshalb nahelegt, weil der Ausdruck „ein neues Lied singen“ überdurchschnittlich häufig, nämlich in vier der obigen sechs Stellen ([[Psalm 33#s3 |Ps 33,3]]; [[Psalm 98#s1 |98,1]]; [[Psalm 144#s9 |144,9]]; [[Psalm 149#s3 |149,3]]), im Zhg. mit expliziten Anweisungen zum musikalischen Vortrag steht (vgl. Tomes 2007, S. 238f.).</ref><br />
 
: [singt]<ref>{{hebr}}תְהִלָתוֹ{{hebr ende}} gelesen als zweites Objekt von {{hebr}}שִירוּ{{hebr ende}}; so schon Ewald; vgl. auch Ehrlich 1905, S. 391; Gerstenberg 2001, S. 452. Eine Ergänzung von „erschalle“ o.Ä. (so EÜ; Herder; Kraus 1966, S. 965; Nötscher 1953, S. 290) ist ganz unnötig.</ref> seinen Lob(-preis, Ruhm) in der Gemeinde (Truppe)<ref name="Getreuengemeinde">vgl. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855: „Das Wort {{hebr}}קהל{{hebr ende}} „Versammlung“ hat von seiner Verwendung her sowohl militärische (der Heerbann, das Aufgebot) wie kultische (Gemeinde) Konnotationen.“; daher der sekundäre Übersetzungsvorschlag „Truppe“.<br />
 
: [singt]<ref>{{hebr}}תְהִלָתוֹ{{hebr ende}} gelesen als zweites Objekt von {{hebr}}שִירוּ{{hebr ende}}; so schon Ewald; vgl. auch Ehrlich 1905, S. 391; Gerstenberg 2001, S. 452. Eine Ergänzung von „erschalle“ o.Ä. (so EÜ; Herder; Kraus 1966, S. 965; Nötscher 1953, S. 290) ist ganz unnötig.</ref> seinen Lob(-preis, Ruhm) in der Gemeinde (Truppe)<ref name="Getreuengemeinde">vgl. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855: „Das Wort {{hebr}}קהל{{hebr ende}} „Versammlung“ hat von seiner Verwendung her sowohl militärische (der Heerbann, das Aufgebot) wie kultische (Gemeinde) Konnotationen.“; daher der sekundäre Übersetzungsvorschlag „Truppe“.<br />
Entsprechend wird dann auch das ''Chasidim''(i.d.R.: „fromm“, auch: „loyal“) mit einem „militärischeren“ Begriff übertragen; meist eben „Getreue“ (so NeÜ, SLT2000, ZÜR, Deissler 1989, Hossfeld / Zenger 2008, Zenger 1987), obwohl es auch von diesen dann i.d.R. als Ausdruck für die versammelte Kultusgemeinde verstanden wird. LUT84, Tafel und Goulder 1998 haben „Heilige“, warum auch immer.</ref> der Getreuen (Frommen, Heiligen (?))<ref name="Getreuengemeinde"/>
+
Entsprechend wird dann auch das ''Chasidim'' (i.d.R.: „fromm“, auch: „loyal“) mit einem „militärischeren“ Begriff übertragen; meist eben „Getreue“ (so NeÜ, SLT2000, ZÜR, Deissler 1989, Hossfeld / Zenger 2008, Zenger 1987), obwohl es auch von diesen dann i.d.R. als Ausdruck für die versammelte Kultusgemeinde verstanden wird. LUT84, Tafel und Goulder 1998 haben „Heilige“, warum auch immer.</ref> der Getreuen (Frommen, Heiligen?)<ref name="Getreuengemeinde"/>
{{S|2}}Israel soll sich seines Schöpfers<ref>Plural; vermutl. Hoheitsplural (vgl. Dahood 1970, S. 356; Hossfeld / Zenger 2008, S. 855; Kraus 1966, S. 965; ähnlich auch schon Paulus 1815, S. 594). Allerdings gibt es auch Exegeten, die die Existenz eines Hoheitsplural im Hebräischen ganz grundsätzlich anzweifeln.</ref> (Formers)<ref>{{hebr}}עשה{{hebr ende}} steht hier im Partizip, womit wohl angedeutet werden soll, dass JHWH Israel nicht nur ''einst'' geschaffen ''hat'', sondern „dass Israel auch danach und weiterhin von JHWH „gemacht“ wird.“ (Hossfeld / Zenger, S. 861); auch Ehrlich 1905 kommentiert daher mit „Der Ausdruck bezeichnet hier nicht JHVH als den Schöpfer Israels, sondern als den, der es dazu gemacht, was es ist.“ Wir haben versucht, diesen Bedeutungsaspekt mit „Former“ wiederzugeben, obwohl zugegebenermaßen diese Lösung eher suboptimal ist. Zudem muss allein schon aufgrund der überwältigenden Mehrheit der Übertragungen mit „Schöpfer“ diese Übersetzungsalternative hier bei OfBi die primäre sein.</ref> freuen,<br />
+
{{S|2}}Israel soll sich seines Schöpfers<ref>Plural; vermutl. Hoheitsplural (vgl. Dahood 1970, S. 356; Hossfeld / Zenger 2008, S. 855; Kraus 1966, S. 965; ähnlich auch schon Paulus 1815, S. 594). Allerdings gibt es auch Exegeten, die die Existenz eines Hoheitsplural im Hebräischen ganz grundsätzlich anzweifeln.</ref> freuen,<br />
: ob ihres Königs sollen Zion’s Söhne (Kinder) frohlocken(jubeln, jauchzen)<ref name="frohlocken">{{hebr}}גִיל{{hebr ende}} (V. 2), {{hebr}}עָלַז{{hebr ende}} (V. 5a) und {{hebr}}רָנַנ{{hebr ende}} (V. 5b) haben alle mehr oder weniger die selbe Bedeutung, nämlich stehen die Ausdrücke für einen lauten Ausdruck der Freude. Wie man die verfügbaren deutschen Entsprechungen verteilt, ist damit mehr oder weniger dem Belieben des jeweiligen Übersetzers anheim gestellt und entsprechend differieren die verschiedenen Übersetzungsversionen hier auch stark (z.B.:<br />
+
: ob ihres Königs sollen Zion’s Söhne (Kinder) frohlocken(jubeln, jauchzen).
MENGE: V. 2: jubeln - V. 5a: frohlocken - V. 5b: jauchzen vs.<br />
+
{{S|3}}Sie sollen seinen Namen preisen mit (im<ref>häufig wiedergegeben als ''beth locale'' - „im Tanz“. Allerdings ist das direkt darauf folgende {{hebr}}בְתׁף וְכִנוֹר{{hebr ende}}, ebenfalls mit der Präposition ''Beth'', zu auffällig, als dass es hier je unterschiedlich gelesen und übersetzt werden dürfte. „Der Reigen war, wie die Musik dazu, Gottesdienst und gehörte somit zum Lobe JHVHes.“ (Ehrlich 1905, S. 392) Noch signifikanter ist es, wenn man die nächste Fußnote miteinbezieht.</ref>) Tanz (Reigen, Isisklapper<ref>zu {{hebr}}מָחוֹל{{hebr ende}} als Bezeichnung für ein Instrument vgl. Greswell 1873, S. 267 („Pfeife“); TUR („Schalmei“); Zorell 1928, S. 259f („Isisklapper“) nach Syr („Zimbeln“); vgl. v.a. noch [[Psalm 150#s4 |Ps 150,4]]. Vom Parallelismus her liegt das an beiden Stellen tatsächlich auch nah, aber s. [[Psalm 30#s12 |Ps 30,12]] (<nowiki>*</nowiki>„Du hast mein Klagen in Isisklappern verwandelt“); [[Klagelieder 5#s15 |Klg 5,15]] (<nowiki>*</nowiki>„Unsere Isisklappern haben sich in Klagen verwandelt“).</ref>,<br />
TAFEL: V. 2: frohlocken - V. 5a: jauchzen - V. 5b: jubeln).<br />
+
: mit Tamburin und Zither sollen sie ihm spielen,
Allein, um die deutlich parallele Konstruktion in V. 5 auch auf phonetischer Ebene abzubilden, haben wir uns entschieden, „jubeln“ und „jauchzen“ dort und „frohlocken“ in V. 2 zu verwenden.</ref>.
+
{{S|4}} Denn (Ja!, damit?)<ref>Das {{hebr}}כִי{{hebr ende}} ließe sich lesen
{{S|3}}Sie sollen seinen Namen preisen mit (im<ref>häufig wiedergegeben als ''beth locale'' - „im Tanz“. Allerdings ist das direkt darauf folgende {{hebr}}בְתׁף וְכִנוֹר{{hebr ende}}, ebenfalls mit der Präposition ''Beth'', zu auffällig und signifikant, als dass es hier je unterschiedlich gelesen und übersetzt werden dürfte. „Der Reigen war, wie die Musik dazu, Gottesdienst und gehörte somit zum Lobe JHVHes.“ (Ehrlich 1905, S. 392) Noch signifikanter ist es, wenn man die nächste Fußnote mit-einbezieht.</ref>) Tanz (Reigen)<ref>Tur-Sinai übersetzt hier mit „Schalmei“, was auf den ersten Blick merkwürdig scheinen könnte. Es findet sich eine ähnliche Deutung aber auch bei Zorell 1928, S. 259f., der sich durch Syr. und Tg. (der Tg. allerdings, wenn ich das richtig sehe, hat hier ebenfalls nur „Tanz“, vgl. den [http://cal1.cn.huc.edu/get_a_chapter.php?file=81002&sub=149&cset=H&clen=5 Text] und die dazugehörige (englische) [http://targum.info/pss/ps5.htm Übersetzung]) dazu veranlasst fühlt, glauben zu müssen, es handle sich hier (und Ps 150,4) u.U. nicht um eine Bezeichnung für „Tanzen“, sondern für ein weiteres Musikinstrument: „[...] videatur esse non chorea (LXX. Hier.), sed (Syr. Targ.) aliquod instrumentum musicum, a mulieribus quoque tractabile (Ex 15,20; Ri 111,34), fortasse sistrum [„Isisklapper“].“; vgl. auch Greswell 1873, S. 267 („Pfeife“).</ref>,<br />
+
# als kausales {{hebr}}כִי{{hebr ende}}: „denn“; V. 4 wäre dann eine „gattungstypische hymnische Begründung“, mit der der Grund für eine Doxologie angegeben wird (so etwa Hossfeld / Zenger 2008, S. 864; Kraus 1966, S. 965 u.ö.) - allerdings dient die Formel „X preist Y, denn“ eigentlich standardmäßig als Dankesformel (=„X dankt Y für X“), nicht zur Begründung (vgl. z.B. Lande 1949, S. 106f.).
: mit Tamburin und Zither sollen sie ihm spielen.
+
# Besser ist daher als emphatisches {{hebr}}כִי{{hebr ende}} zu deuten, das hier gattungstypisch die „hymnischen Affirmation“ einleitet (vgl. Gerstenberger 2001, S. 454; ein gutes Beispiel findet sich in [[Psalm 135#s14 |Ps 135,14]]): „Ja!“, „Oh“; im Deutschen dann aber besser auszusparen.  
{{S|4}} Denn (Ja!, (damit))<ref>für gewöhnlich wird V. 4 gelesen als „gattungstypische hymnische Begründung“ (so etwa Hossfeld / Zenger 2008, S. 864; Kraus 1966, S. 965), mit der der Grund für eine Doxologie angegeben wird. Und in der Tat ist dies eine recht häufige Konstruktion, allerdings wird sie eher zur Danksagung als zum hymnischen Lobpreis verwendet (vgl. z.B. Lande 1949, S. 106f.). Gerstenberger deutet den Vers denn auch stattdessen als „hymnic affirmation“ (vgl. Gerstenberger 2001, S. 454). Hiervon geleitet könnte man das {{hebr}}כִי{{hebr ende}} lesen als emphatisch-affirmatives {{hebr}}כִי{{hebr ende}}, das bei Voranstellung in etwa die Bedeutung „ja!...“, „wirklich!...“ hat (vgl. z.B. Blommerde 1969, S. 30; Ges 18, S. 539; Gordis 1943, S. 176; auch schon König 1922, S. 175). Ein gutes Beispiel für eine solche „hymnic affirmation“, in der das {{hebr}}כִי{{hebr ende}} recht sicher emphatisch-deiktisch gelesen werden muss, ist Ps 135,14. Soweit wir sehen, ist das aber noch nie vorgeschlagen worden, weshalb wir es nur zur Sekundärentscheidung gemacht haben.<br />
+
# Unter Umständen wäre außerdem möglich, das {{hebr}}כִי{{hebr ende}} hier final zu lesen. Diese Verwendung von {{hebr}}כִי{{hebr ende}} ist unsicher; vgl. aber HALOT zu [[1Chronik 21#s18 |1Chr 21,18]] (dagegen aber z.B. Schoors 1981, S. 255); dann auch [[Psalm 17#s6 |Ps 17,6]] („Ich rufe zu dir, ''damit'' du mich erhörst; / neige mir dein Ohr zu, erhöre meine Worte!“); [[Psalm 25#s15 |25,15]] (SLT: „Meine Augen sind stets auf den Herrn gerichtet, ''daß'' er meinen Fuß aus dem Netz ziehe.); [[Psalm 86#s7 |86,7]] („Am Tage meiner Not rufe ich zu dir, ''damit'' du mich erhörst“); so wohl auch das protosemitische Etymon ''k-''; vgl. seine Entsprechungen im Altsüdarabischen und Ugaritischen; s. z.B. das arabische Ag. XIV 41,22: „ich rufe euch, ''damit'' ihr antwortet.“.<br />Bes. im Zhg. mit der Deutung in FN t machte das Sinn, da so beide Teile des Psalms makellos parallel laufen würden.</ref> JHWH hat Wohlgefallen an seinem Volk,
Unter Umständen wäre auch möglich, das {{hebr}}כִי{{hebr ende}} hier final zu lesen. Ob {{hebr}}כִי{{hebr ende}} überhaupt final gelesen werden kann, ist aber unsicher; unsres Wissens nach listet allein HALOT diese Bedeutung und auch nur für 1Chr 21,18, weshalb sich denn auch z.B. Schoors 1981, S. 255 gegen diesen Übersetzungsvorschlag ausspricht. Allerdings ist es durchaus nicht so, dass, gesetzt, dass man diese Bedeutung annimmt, 1Chr 21,18 die einzige Stelle wäre, bei der {{hebr}}כִי{{hebr ende}} so übersetzt Sinn machen würde - vgl. allein für den Psalter Ps 17,6 („Ich rufe zu dir, ''damit'' du mich erhörst; / neige mir dein Ohr zu, erhöre meine Worte!“); Ps 25,15 (SLT: „Meine Augen sind stets auf den Herrn gerichtet, ''daß'' er meinen Fuß aus dem Netz ziehe.“); Ps 86,7 („Am Tage meiner Not rufe ich zu dir, ''damit'' du mich erhörst“). Ein Indiz für die Existenz dieser Bedeutung von {{hebr}}כִי{{hebr ende}} ist, dass auch die alt-südarabische und die ugaritische Entsprechung von {{hebr}}כִי{{hebr ende}}, die ebenfalls etymologisch auf das protosemitische ''k-'' zurückgehen, nachweislich finale Bedeutung haben (vgl. z.B. Höfner 1943, S. 167f. ''apud'' Schoors 1981, S. 241; auch [http://menadoc.bibliothek.uni-halle.de/ssg/content/pageview/597231?query=Hebr%C3%A4ische%20Grammatik Euting/Zimmern 1898, S. 185]; Knauf 1988, S. 143; [http://menadoc.bibliothek.uni-halle.de/ssg/content/pageview/885984 Reckendorf §227]) (s. z.B. Ag. XIV 41,22: „ich rufe euch, ''damit'' ihr antwortet.“).<br />
+
: [seine] (die)<ref>Double duty-Suffix (->Brachylogie) aus Sticho a; so auch Ceresko 1986, S. 180.</ref> Unterdrückten (Gebeugten, Niedrigen, Demütigen, Armen, Hilflosen, Duldern) glorifiziert (verherrlicht, schmückt, krönt?)<ref>„Krönen“ nach EÜ, HER, MEN, NL, Christensen 2005.149; Gunkel 1911; Kraus 1966; Terrien 2003; ähnlich H-R + Schmidt 1934: „kränzen“. Dieses „Krönen“/„Kränzen“ kommt wohl von der Zusammenlesung von {{hebr}}פאר{{hebr ende}} II und {{hebr}}פְאֵר{{hebr ende}}, was aber zweifelhaft ist (vgl. z.B. Ges18, S. 1035). Die Mehrheitsübersetzung ist „schmücken“, was aber z.B. im HALOT schon gar nicht mehr neben „to glorify“ erwähnt wird.<br />
In jedem Falle würde - gesetzt, man akzeptiert die in der Fußnote t dargelegte Deutung mit „auf dass ''er''“ für Vv.7-9 - diese Übersetzung, sollte sie denn zulässig sein, am besten zum restlichen Psalm passen, da so beide Teile des Psalms makellos parallel laufen würden.</ref> JHWH hat Wohlgefallen an seinem Volk,
+
Eigentlich wäre „verherrlichen“ unsere Primärentscheidung; es tut aber Not, hier anders denn mit „verherrlicht“ zu übersetzen. In V. 5 nämlich ist die Rede von „ihrer {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}}“; und die einzige wirklich sinnvolle Übersetzungsmöglichkeit ist auch hier „Herrlichkeit“, obwohl es sich im Hebräischen um zwei unterschiedliche Wörter handelt. Beides gleich zu übersetzen kann leicht zum Missverständnis führen, dass es sich bei „ihrer {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}}“ notwendig um das „Produkt, Ergebnis“ der {{hebr}}פָאַר{{hebr ende}}-Tätigkeit Gottes in V. 4 handle.</ref> er mit ([seinem])<ref>„[seinem]“ evt. als double duty-Suffix (-> Brachylogie) von {{hebr}}בְעַמוֹ{{hebr ende}} zu ergänzen; zum Grund vgl. die letzte Fußnote.</ref>) Heil (Sieg; Rettung).
: die (seine)<ref>u.U. double duty-Suffix (Zum double duty-Suffix vergleiche Blommerde 1969, S. 10: „In a verse of two stichs a suffix, used with a word in one of the stichs, may at the same time do duty for - and consequently be omittet from - a word of the other stich [...].“); so jedenfalls Ceresko 1986, S. 180.</ref> Unterdrückten (Gebeugten, Niedrigen, Demütigen, Armen, Hilflosen, Duldern) glorifiziert (verherrlicht,<ref>Sekundärentscheidung nach Ehrlich 1905, S. 392; Gerstenberger 2001, S. 454; Hossfeld / Zenger 2008, S. 865. Die Mehrheitsübersetzung hier ist „schmücken“, was aber z.B. im HALOT schon gar nicht mehr neben „to glorify“ erwähnt wird. Ehrlich: „{{hebr}}פאר{{hebr ende}} von einem Volk als Objekt gebraucht heisst ihm hohes Ansehen geben, sodass andere Völker sich eine Ehre daraus machen, zu ihm in Beziehungen zu treten.“<br />
 
Eigentlich wäre dies unsere Primärentscheidung; es tut aber Not, hier anders denn mit „verherrlicht“ zu übersetzen. In V. 5 nämlich ist die Rede von „ihrer {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}}“; und die einzige wirklich sinnvolle Übersetzungsmöglichkeit ist auch hier „Herrlichkeit“, obwohl es sich im Hebräischen um zwei unterschiedliche Wörter handelt. Beides gleich zu übersetzen kann leicht zum Missverständnis führen, dass es sich bei „ihrer {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}}“ notwendig um das „Produkt, Ergebnis“ der {{hebr}}פָאַר{{hebr ende}}-Tätigkeit Gottes in V. 4 handle.</ref> schmückt, krönt?<ref>so EÜ, Herder, Menge, NL, Christensen 2005, Gunkel 1911, Kraus 1966, Terrien 2003; Henne-Rösch + Schmidt 1934: „kränzt“. Ich vermute, sie kommen hierauf durch Zusammenlesung von {{hebr}}פאר{{hebr ende}} II und {{hebr}}פְאֵר{{hebr ende}}, was aber zweifelhaft ist (vgl. z.B. Ges18, S. 1035).</ref>, hat verherrlicht) er mit ([seinem]<ref>evt. als double duty-Suffix von {{hebr}}בְעַמוֹ{{hebr ende}} zu ergänzen. Zum double duty-Suffix vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Psalm_149#note_j Fußnote j]; zum Grund vgl. die letzte Fußnote.</ref>) Heil (Sieg; Rettung).
 
  
  
{{S|5}}Jauchzen<ref name="frohlocken" /> sollen die Getreuen (Frommen, Heiligen (?))<ref name="Getreuengemeinde"/> ob [ihrer]<ref name="Herrlichkeit">Das „Herrlichkeit“ hat den Kommentatoren seit jeher einiges an Kopfzerbrechen bereitet.<br />
+
{{S|5}}Jauchzen sollen die Getreuen (Frommen, Heiligen (?))<ref name="Getreuengemeinde"/> ob [ihrer]<ref name="Herrlichkeit">Das „Herrlichkeit“ hat den Kommentatoren seit jeher einiges an Kopfzerbrechen bereitet.<br />
 
Seit Baethgen ist man darauf aufmerksam geworden, dass, stünde hinter {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}} („Herrlichkeit“) nur ein Suffix wie hinter {{hebr}}מִשְכְבוֹתָם{{hebr ende}} („''ihren'' Lagern“), die Problematik beseitigt wäre (vgl. Boehmer 1903, S. 335; Gunkel 1911 etwa ergänzt daher einfach ein solches Suffix; vgl. Gunkel 1911, S. 338: „„über ihre Herrlichkeit“, bik<sup>e</sup>bodam; Text: „über Herrlichkeit““). Dahood indes hat einen wesentlich simpleren Vorschlag gemacht, um diese crux interpretum aufzulösen: Er liest das Suffix von {{hebr}}מִשְכְבוֹתָם{{hebr ende}} einfach als ein auf {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}} zurückwirkendes double duty-Suffix; vgl. Dahood 1970, S. 356 (zum double-duty Suffix siehe [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Psalm_149#note_j Fußnote j]).<br />
 
Seit Baethgen ist man darauf aufmerksam geworden, dass, stünde hinter {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}} („Herrlichkeit“) nur ein Suffix wie hinter {{hebr}}מִשְכְבוֹתָם{{hebr ende}} („''ihren'' Lagern“), die Problematik beseitigt wäre (vgl. Boehmer 1903, S. 335; Gunkel 1911 etwa ergänzt daher einfach ein solches Suffix; vgl. Gunkel 1911, S. 338: „„über ihre Herrlichkeit“, bik<sup>e</sup>bodam; Text: „über Herrlichkeit““). Dahood indes hat einen wesentlich simpleren Vorschlag gemacht, um diese crux interpretum aufzulösen: Er liest das Suffix von {{hebr}}מִשְכְבוֹתָם{{hebr ende}} einfach als ein auf {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}} zurückwirkendes double duty-Suffix; vgl. Dahood 1970, S. 356 (zum double-duty Suffix siehe [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Psalm_149#note_j Fußnote j]).<br />
 
Nach dieser Lesart wäre „(ihre) Herrlichkeit“ ein Appellativ für Gott (vgl. Dahood 1970, S. 356; so auch schon Boehmer 1903, S. 335; vgl. z.B. auch Ps 106,20 („Sie vertauschten ihre Herrlichkeit mit dem Bild eines Stieres“)), also eher „ihren Herrlichen“ (so Ceresko 1986, S. 180; Dahood 1970, S. 356; offenbar auch Zerr, B. (1979): The Psalms: A New Translation. New York u.a. S. 329). Das ist insbesondere schon deshalb eine naheliegende Lösung, da ansonsten V. 5a im ganzen Psalm das erste Colon wäre, in dem kein irgendwie gearteter Ausdruck für „Gott“ käme; und: V. 5a ließe sich so lesen als Reiteration der Aufforderung von V. 2, was besonders von daher Sinn macht, dass häufig (und auch bei uns) in V. 5 ein Neueinsatz, eine neue Strophe, gelesen wird (so etwa Gerstenberger 2001, S. 454; Hossfeld / Zenger 2008, S. 858.861; Waltner 2006, S. 710; Zenger 1987, S. 54-56). Ohnehin wäre ein Appellativ {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}} für JHWH nicht wirklich überraschend, da die ''kabod JHWH'' ja in der ganzen Bibel eine der Selbst-darbietungsweisen Gottes ist; JHWH erscheint ''als'' kabod (vgl. z.B. Gierlich 1940, bes. S. 124ff.).<br />
 
Nach dieser Lesart wäre „(ihre) Herrlichkeit“ ein Appellativ für Gott (vgl. Dahood 1970, S. 356; so auch schon Boehmer 1903, S. 335; vgl. z.B. auch Ps 106,20 („Sie vertauschten ihre Herrlichkeit mit dem Bild eines Stieres“)), also eher „ihren Herrlichen“ (so Ceresko 1986, S. 180; Dahood 1970, S. 356; offenbar auch Zerr, B. (1979): The Psalms: A New Translation. New York u.a. S. 329). Das ist insbesondere schon deshalb eine naheliegende Lösung, da ansonsten V. 5a im ganzen Psalm das erste Colon wäre, in dem kein irgendwie gearteter Ausdruck für „Gott“ käme; und: V. 5a ließe sich so lesen als Reiteration der Aufforderung von V. 2, was besonders von daher Sinn macht, dass häufig (und auch bei uns) in V. 5 ein Neueinsatz, eine neue Strophe, gelesen wird (so etwa Gerstenberger 2001, S. 454; Hossfeld / Zenger 2008, S. 858.861; Waltner 2006, S. 710; Zenger 1987, S. 54-56). Ohnehin wäre ein Appellativ {{hebr}}כָבוֹד{{hebr ende}} für JHWH nicht wirklich überraschend, da die ''kabod JHWH'' ja in der ganzen Bibel eine der Selbst-darbietungsweisen Gottes ist; JHWH erscheint ''als'' kabod (vgl. z.B. Gierlich 1940, bes. S. 124ff.).<br />
Zeile 70: Zeile 71:
 
:: ein zweischneidiges Schwert (eine „'''klingende Zunge'''“) sei '''in ihrer Hand'''.“  
 
:: ein zweischneidiges Schwert (eine „'''klingende Zunge'''“) sei '''in ihrer Hand'''.“  
 
Es ist dies aber eine so ungewöhnliche Übersetzung, dass ich mich nicht einmal traue, diese Übersetzungsmöglichkeit als sekundäre Variante in den Text der Studienfassung aufzunehmen.</ref> Herrlichkeit (Herrlichen)<ref name="Herrlichkeit" />,  
 
Es ist dies aber eine so ungewöhnliche Übersetzung, dass ich mich nicht einmal traue, diese Übersetzungsmöglichkeit als sekundäre Variante in den Text der Studienfassung aufzunehmen.</ref> Herrlichkeit (Herrlichen)<ref name="Herrlichkeit" />,  
: jubeln<ref name="frohlocken" /> sollen sie auf ihren Lagern<ref>Auch über die ominösen „Lager“ ist schon viel Tinte vergossen worden. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855 bieten eine Übersicht über die bereits vertretenen Interpretationen dieser „Lager“. Die „Lager“ könnten bezeichnen:<br />
+
: jubeln sollen sie auf ihren Lagern<ref>Auch über die ominösen „Lager“ ist schon viel Tinte vergossen worden. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855 bieten eine Übersicht über die bereits vertretenen Interpretationen dieser „Lager“. Die „Lager“ könnten bezeichnen:<br />
 
* Privat-Ruhelager; sie stünden dann für den Ort, an dem man seinen intimsten Gefühlen Ausdruck gibt (so z.B. Dahood 1970, S. 357; Gerstenberger 2001, S. 455; Waltner 2006, S. 711)
 
* Privat-Ruhelager; sie stünden dann für den Ort, an dem man seinen intimsten Gefühlen Ausdruck gibt (so z.B. Dahood 1970, S. 357; Gerstenberger 2001, S. 455; Waltner 2006, S. 711)
 
* Ruhelager von Kriegern (die sich des Nachts von ihrem Kampf erholen) (so z.B. Nötscher 1953, S. 291; auch BasisBibel („Feldbetten“))
 
* Ruhelager von Kriegern (die sich des Nachts von ihrem Kampf erholen) (so z.B. Nötscher 1953, S. 291; auch BasisBibel („Feldbetten“))

Version vom 9. August 2014, 15:55 Uhr

Syntax ungeprüft

SF zuverlässig.png
Status: Zuverlässige Studienfassung – Die Übersetzung ist vollständig, erfüllt die Übersetzungskriterien und wurde mit einigen Standards der Qualitätssicherung abgesichert. Verbesserungen sind noch zu erwarten.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Psalm 149)

1Halleluja!

Singt ⸂dem Herrn⸃ ein neues Lied,

ja, singt sein Lob in der Gemeinde der Getreuen!

2Es freue Israel sich über seinen Schöpfer,

und über ihren König sollen Zion’s Kinder jubilieren!

3Mit Tänzen sollen sie Ihn preisen,

aufspielen Ihm mit Tamburin und Zither.

4Denn Wohlgefallen hat ⸂der Herr⸃ an seinem Volk

mit Heil schmückt Er die Unterdrückten.


5Die Treuen sollen jauchzen über diese Herrlichkeit,

ja, jubeln sollen sie auf ihren Lagern -

6Lobpreisungen auf Gott in ihrem Mund,

ein scharfes Schwert in ihrer Hand -

7um auszuüben Rache an den Völkern

und Züchtigung an den Nationen,

8um ihre Könige zu binden

und ihre Adligen zu ketten,

9um Recht zu sprechen, wie geschrieben steht -

oh, welche Ehr’ ist er für die Getreuen!

Halleluja!

Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 149)

1Halleluja (Preist Jah, Preist JHWH)!
Singt JHWH ein neues Lied,a

[singt]b seinen Lob(-preis, Ruhm) in der Gemeinde (Truppe)c der Getreuen (Frommen, Heiligen?)c

2Israel soll sich seines Schöpfersd freuen,

ob ihres Königs sollen Zion’s Söhne (Kinder) frohlocken(jubeln, jauchzen).

3Sie sollen seinen Namen preisen mit (ime) Tanz (Reigen, Isisklapperf,

mit Tamburin und Zither sollen sie ihm spielen,

4 Denn (Ja!, damit?)g JHWH hat Wohlgefallen an seinem Volk,

[seine] (die)h Unterdrückten (Gebeugten, Niedrigen, Demütigen, Armen, Hilflosen, Duldern) glorifiziert (verherrlicht, schmückt, krönt?)i er mit ([seinem])j) Heil (Sieg; Rettung).


5Jauchzen sollen die Getreuen (Frommen, Heiligen (?))c ob [ihrer]k Herrlichkeit (Herrlichen)k,

jubeln sollen sie auf ihren Lagernl (-)m

6Loblieder (-preisungen, Rühmungen, Lobeserhebungen)n Gottes (auf Gott) (sollen sein) in ihrer Kehle (ihrem Mund, singend)

und (gleich einem, (und) das ist)o ein zweischneidiges Schwert (eine Doppelaxt?p) (soll sein) in ihrer Hand (-)m

7 zum Ausüben von Rache (um Rache zu üben, auf dass er Rache übeq) an den Völkern (Nationen),

[und von] Züchtigungr (Züchtigungen, und um zu züchtigen, auf dass er züchtigeq) an den Nationen (Völkern);

8 zum Binden (auf dass er bindeq) ihrer Könige (Herrscher) mit Fesseln (Handschellen)s,

und ihrer Fürsten (Adeligent, Edlen, Beamten) mit eisernen Ketten (Fußketten)s;

9 zum Gericht-Halten (zum Recht-Sprechen, um Gericht zu halten, um Recht zu sprechen, zum Halten von geschriebenen Recht)u (auf dass er Recht sprecheq) wie geschrieben [steht]v.

Er (Dasw) ist (bringt)w Ehre (Herrlichkeit, Pracht, Ruhm) seinen (für seine, seiner)w Getreuen (Frommen).
Halleluja (Preist Jah, Preist JHWH)!


Anmerkungen

aidiom. Ausdruck; vgl. z.B. auch Ps 33,3; 40,3; 96,1; 98,1; 144,9; Jes 42,10.
  1. In Psalmenkommentaren wird es üblicherweise dahingehend verstanden, dass Jahwe etwas „Neues“ getan habe und daher nun auch ein „neues Lied“ erforderlich würde (so z.B. Gunkel 1911, S. 277; Hossfeld / Zenger 2008, S. 861; Waltner 2006, S. 709; Zenger 1987, S. 53. So auch der Midrasch Tehillim: „Der Heilige, geb. sei er! sprach: So wie ich alle neuen Dinge geschaffen habe, so möget auch ihr mir ein neues Lied anstimmen, wie es heisst: Singet dem Ewigen ein neues Lied.“ (Übers. Wünsche 1893, S. 250)).
  2. Anders Terrien, der entsprechend der üblichen Deutung des Psalms als „eschatologischen Hymnus“ auch den Ausdruck „ein neues Lied“ dahingehend versteht, dass er von der Zukunft handle (vgl. Terrien 2003, S. 924; ähnlich auch Tomes 2007, S. 247).
  3. Wieder anders und wohl am sinnvollsten Gerstenberger 2001, S. 452, der den Ausdruck bezieht auf „a characteristic kind of hymnic presentation“, was sich allein schon deshalb nahelegt, weil der Ausdruck „ein neues Lied singen“ überdurchschnittlich häufig, nämlich in vier der obigen sechs Stellen (Ps 33,3; 98,1; 144,9; 149,3), im Zhg. mit expliziten Anweisungen zum musikalischen Vortrag steht (vgl. Tomes 2007, S. 238f.). (Zurück zu v.1)
bתְהִלָתוֹ gelesen als zweites Objekt von שִירוּ; so schon Ewald; vgl. auch Ehrlich 1905, S. 391; Gerstenberg 2001, S. 452. Eine Ergänzung von „erschalle“ o.Ä. (so ; Herder; Kraus 1966, S. 965; Nötscher 1953, S. 290) ist ganz unnötig. (Zurück zu v.1)
cvgl. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855: „Das Wort קהל „Versammlung“ hat von seiner Verwendung her sowohl militärische (der Heerbann, das Aufgebot) wie kultische (Gemeinde) Konnotationen.“; daher der sekundäre Übersetzungsvorschlag „Truppe“.
Entsprechend wird dann auch das Chasidim (i.d.R.: „fromm“, auch: „loyal“) mit einem „militärischeren“ Begriff übertragen; meist eben „Getreue“ (so NeÜ, SLT2000, ZÜR, Deissler 1989, Hossfeld / Zenger 2008, Zenger 1987), obwohl es auch von diesen dann i.d.R. als Ausdruck für die versammelte Kultusgemeinde verstanden wird. LUT84, Tafel und Goulder 1998 haben „Heilige“, warum auch immer. (zu v.1 / zu v.5)
dPlural; vermutl. Hoheitsplural (vgl. Dahood 1970, S. 356; Hossfeld / Zenger 2008, S. 855; Kraus 1966, S. 965; ähnlich auch schon Paulus 1815, S. 594). Allerdings gibt es auch Exegeten, die die Existenz eines Hoheitsplural im Hebräischen ganz grundsätzlich anzweifeln. (Zurück zu v.2)
ehäufig wiedergegeben als beth locale - „im Tanz“. Allerdings ist das direkt darauf folgende בְתׁף וְכִנוֹר, ebenfalls mit der Präposition Beth, zu auffällig, als dass es hier je unterschiedlich gelesen und übersetzt werden dürfte. „Der Reigen war, wie die Musik dazu, Gottesdienst und gehörte somit zum Lobe JHVHes.“ (Ehrlich 1905, S. 392) Noch signifikanter ist es, wenn man die nächste Fußnote miteinbezieht. (Zurück zu v.3)
fzu מָחוֹל als Bezeichnung für ein Instrument vgl. Greswell 1873, S. 267 („Pfeife“); TUR („Schalmei“); Zorell 1928, S. 259f („Isisklapper“) nach Syr („Zimbeln“); vgl. v.a. noch Ps 150,4. Vom Parallelismus her liegt das an beiden Stellen tatsächlich auch nah, aber s. Ps 30,12 (*„Du hast mein Klagen in Isisklappern verwandelt“); Klg 5,15 (*„Unsere Isisklappern haben sich in Klagen verwandelt“). (Zurück zu v.3)
gDas כִי ließe sich lesen
  1. als kausales כִי: „denn“; V. 4 wäre dann eine „gattungstypische hymnische Begründung“, mit der der Grund für eine Doxologie angegeben wird (so etwa Hossfeld / Zenger 2008, S. 864; Kraus 1966, S. 965 u.ö.) - allerdings dient die Formel „X preist Y, denn“ eigentlich standardmäßig als Dankesformel (=„X dankt Y für X“), nicht zur Begründung (vgl. z.B. Lande 1949, S. 106f.).
  2. Besser ist daher als emphatisches כִי zu deuten, das hier gattungstypisch die „hymnischen Affirmation“ einleitet (vgl. Gerstenberger 2001, S. 454; ein gutes Beispiel findet sich in Ps 135,14): „Ja!“, „Oh“; im Deutschen dann aber besser auszusparen.
  3. Unter Umständen wäre außerdem möglich, das כִי hier final zu lesen. Diese Verwendung von כִי ist unsicher; vgl. aber HALOT zu 1Chr 21,18 (dagegen aber z.B. Schoors 1981, S. 255); dann auch Ps 17,6 („Ich rufe zu dir, damit du mich erhörst; / neige mir dein Ohr zu, erhöre meine Worte!“); 25,15 (SLT: „Meine Augen sind stets auf den Herrn gerichtet, daß er meinen Fuß aus dem Netz ziehe.“); 86,7 („Am Tage meiner Not rufe ich zu dir, damit du mich erhörst“); so wohl auch das protosemitische Etymon k-; vgl. seine Entsprechungen im Altsüdarabischen und Ugaritischen; s. z.B. das arabische Ag. XIV 41,22: „ich rufe euch, damit ihr antwortet.“.
    Bes. im Zhg. mit der Deutung in FN t machte das Sinn, da so beide Teile des Psalms makellos parallel laufen würden. (Zurück zu v.4)
hDouble duty-Suffix (->Brachylogie) aus Sticho a; so auch Ceresko 1986, S. 180. (Zurück zu v.4)
i„Krönen“ nach , HER, MEN, NL, Christensen 2005.149; Gunkel 1911; Kraus 1966; Terrien 2003; ähnlich H-R + Schmidt 1934: „kränzen“. Dieses „Krönen“/„Kränzen“ kommt wohl von der Zusammenlesung von פאר II und פְאֵר, was aber zweifelhaft ist (vgl. z.B. Ges18, S. 1035). Die Mehrheitsübersetzung ist „schmücken“, was aber z.B. im HALOT schon gar nicht mehr neben „to glorify“ erwähnt wird.
Eigentlich wäre „verherrlichen“ unsere Primärentscheidung; es tut aber Not, hier anders denn mit „verherrlicht“ zu übersetzen. In V. 5 nämlich ist die Rede von „ihrer כָבוֹד“; und die einzige wirklich sinnvolle Übersetzungsmöglichkeit ist auch hier „Herrlichkeit“, obwohl es sich im Hebräischen um zwei unterschiedliche Wörter handelt. Beides gleich zu übersetzen kann leicht zum Missverständnis führen, dass es sich bei „ihrer כָבוֹד“ notwendig um das „Produkt, Ergebnis“ der פָאַר-Tätigkeit Gottes in V. 4 handle. (Zurück zu v.4)
j[seinem]“ evt. als double duty-Suffix (-> Brachylogie) von בְעַמוֹ zu ergänzen; zum Grund vgl. die letzte Fußnote. (Zurück zu v.4)
kDas „Herrlichkeit“ hat den Kommentatoren seit jeher einiges an Kopfzerbrechen bereitet.

Seit Baethgen ist man darauf aufmerksam geworden, dass, stünde hinter כָבוֹד („Herrlichkeit“) nur ein Suffix wie hinter מִשְכְבוֹתָם (ihren Lagern“), die Problematik beseitigt wäre (vgl. Boehmer 1903, S. 335; Gunkel 1911 etwa ergänzt daher einfach ein solches Suffix; vgl. Gunkel 1911, S. 338: „„über ihre Herrlichkeit“, bikebodam; Text: „über Herrlichkeit““). Dahood indes hat einen wesentlich simpleren Vorschlag gemacht, um diese crux interpretum aufzulösen: Er liest das Suffix von מִשְכְבוֹתָם einfach als ein auf כָבוֹד zurückwirkendes double duty-Suffix; vgl. Dahood 1970, S. 356 (zum double-duty Suffix siehe Fußnote j).
Nach dieser Lesart wäre „(ihre) Herrlichkeit“ ein Appellativ für Gott (vgl. Dahood 1970, S. 356; so auch schon Boehmer 1903, S. 335; vgl. z.B. auch Ps 106,20 („Sie vertauschten ihre Herrlichkeit mit dem Bild eines Stieres“)), also eher „ihren Herrlichen“ (so Ceresko 1986, S. 180; Dahood 1970, S. 356; offenbar auch Zerr, B. (1979): The Psalms: A New Translation. New York u.a. S. 329). Das ist insbesondere schon deshalb eine naheliegende Lösung, da ansonsten V. 5a im ganzen Psalm das erste Colon wäre, in dem kein irgendwie gearteter Ausdruck für „Gott“ käme; und: V. 5a ließe sich so lesen als Reiteration der Aufforderung von V. 2, was besonders von daher Sinn macht, dass häufig (und auch bei uns) in V. 5 ein Neueinsatz, eine neue Strophe, gelesen wird (so etwa Gerstenberger 2001, S. 454; Hossfeld / Zenger 2008, S. 858.861; Waltner 2006, S. 710; Zenger 1987, S. 54-56). Ohnehin wäre ein Appellativ כָבוֹד für JHWH nicht wirklich überraschend, da die kabod JHWH ja in der ganzen Bibel eine der Selbst-darbietungsweisen Gottes ist; JHWH erscheint als kabod (vgl. z.B. Gierlich 1940, bes. S. 124ff.).
Boehmer’s (und damit mow. auch Dahood’s) Vorschlag fand Zustimmung bei Taylor 1903 und prinzipiell auch König 1903, wobei letzterer allerdings einen weiteren ähnlichen und ebenfalls sinnvollen Lösungsvorschlag macht. Nämlich deutet er den ersten Buchstaben - das Jod - des auf כָבוֹד folgenden יְרַנְנוּ als Haplographie der Abkürzung 'י für den Gottesnamen JHWH und liest dann als „let them exult in the glory of Jahweh“ (König 1903, S. 383) (vgl. auch Christensen 2005, S. 1: „Let the faithful exult in (God’s) glory“), was sinngemäß ja auf das selbe hinausläuft.

Anm. d. Übers.: Eine Beobachtung möchte ich dem Leser nicht vorenthalten: Akzeptiert man Dahood’s double duty-Vorschlag, hat man in den Versen 5-6 vier Cola mit Substantiven mit der Präposition „in“ (בְ) und dem Possessivpronomen „ihre“ (׳ָם), von denen die ersten drei im Zusammenhang mit einem Wort des „Preisens“ oder Rufens „genannt“ werden.
Lassen wir das ominöse „Lager“ einmal außer Acht (Emendationsversuche sind hier häufig (s.u.), was zeigt, dass hier in den Augen diverser Exegeten offenbar etwas nicht zu „stimmen“ scheint), müsste man die beiden Verse eigentlich beinahe besser als ein Quadricolon auffassen. Noch mehr, wenn man die beiden Cola in V. 6 nicht auffasst als Umstandssätze, sondern schlechthin als Nominalsätze, bei denen man sich im Deutschen die Kopula „sein, seien“ hinzudenken muss:

Jauchzen sollen die Getreuen in ihrer kabod,
jubeln sollen sie in ihren [Lagern?],
Loblieder auf Gott seien in ihrem Mund,
ein zweischneidiges Schwert sei in ihrer Hand.

Die Parallelität wird noch deutlicher, wenn man darauf achtet, dass in V. 6b ein Wortspiel versteckt ist: Bei פִיפִיוֹת „zweischneidig“ nämlich handelt es sich eigentlich um eine alte reduplikative Pluralform von פֶּה „Mund, Rede, Klang“. Und חֶרֶב „Schwert“ wird häufig auch metaphorisch für die Zunge verwendet; vgl. Gen 27,40; Ps 57,5; 59,8; Spr 5,4. Beim „zweischneidigen Schwert“ handelt es sich derart gleichzeitig eine „klingende Zunge“ und es wird so, sozusagen „unter der Hand“, zum vierten Glied im Preislied-parallelismus.
Was man an diesen derart syntaktisch-strukturell und semantisch parallelen Versen weiterhin feststellen kann, ist, dass in den letzten beiden Versen die mit בְ bezeichnete „Ortsangabe“ jeweils einen „Teil“ des Menschen bezeichnet: 6a ist das der „Mund“, 6b die „Hand“. Mir ist daher der Vorschlag Königs, den er später in seinem Psalmenkommentar gemacht hat, recht sympathisch: kabod nämlich deutet er dort nicht mehr wie im oben zitierten Aufsatz als „Herrlichkeit“, sondern als „Seele“ (was in den Lexika gemeinhin als Übersetzungsmöglichkeit gerade in poetischen Texten anerkannt ist) und übersetzt mit „Mögen Fromme aufjauchzen in der [d.h. mit Dahood: ihrer] Seele.“ (König , S. 244f.). Auf diese Weise ergäbe sich - wie gesagt, das rätselhafte „Lager“ einmal außer acht gelassen - die sinnvolle Übersetzung:

Jauchzen sollen die Getreuen in ihrer Seele,
jubeln sollen sie in ihrem ?,
Loblieder auf Gott seien in ihrem Mund,
ein zweischneidiges Schwert (eine „klingende Zunge) sei in ihrer Hand.“
Es ist dies aber eine so ungewöhnliche Übersetzung, dass ich mich nicht einmal traue, diese Übersetzungsmöglichkeit als sekundäre Variante in den Text der Studienfassung aufzunehmen. (zu v.5)
lAuch über die ominösen „Lager“ ist schon viel Tinte vergossen worden. Hossfeld / Zenger 2008, S. 855 bieten eine Übersicht über die bereits vertretenen Interpretationen dieser „Lager“. Die „Lager“ könnten bezeichnen:
  • Privat-Ruhelager; sie stünden dann für den Ort, an dem man seinen intimsten Gefühlen Ausdruck gibt (so z.B. Dahood 1970, S. 357; Gerstenberger 2001, S. 455; Waltner 2006, S. 711)
  • Ruhelager von Kriegern (die sich des Nachts von ihrem Kampf erholen) (so z.B. Nötscher 1953, S. 291; auch BasisBibel („Feldbetten“))
  • Gebetsteppiche oder den „Ort, wo man sich niederwirft“ (so z.B. Deissler 1989, S. 569; Zenger 1987, S. 53)
  • Gräber (so z.B. Loretz 2002, S. 361 (nach Füglister, dessen Aufsatz mir noch nicht zugänglich war)).

Ebenfalls häufig vertreten wurde die Meinung, die „Lager“ stünden schlicht dafür, das etwas bis spät in die Nacht hinein / sehr lange / ohne Unterlass getan würde (so z.B. Alter 2007, S. 513; Ehrlich 1905, S. 78.392; Greswell 1873, S. 299; Hossfeld / Zenger 2008, S. 856; auch BasisBibel; GN; Grünewalder; HfA; NET; NL). Auch Konjekturvorschläge sind öfters gemacht worden (Prinsloo 1997, S. 402 listet sieben verschiedene Vorschläge), die aber sämtlich nicht wirklich überzeugen können (so auch Alter 2007, S. 513).

Als überzeugendste Deutung empfinde ich den von Ceresko 1986, S. 186f., der ob der Parallelität von Vv. 1 und 5 davon ausgeht, dass man „in der Gemeinde der Getreuen“ (V. 1) und „auf ihren Lagern“ (V. 5) im Zhg. lesen müsse; beides gemeinsam konstituierte dann einen Merismus mit der ungefähren Bedeutung „öffentlich und privat“. (Zurück zu v.5)
mGerstenberger hat die grammatische Struktur der Verse 5-9 folgendermaßen nachgezeichnet:
„The term „loyal ones“ ([...] v. 5a) is the only grammatical subject for all the lines down to v. 9a. The closing affirmation v. 9b repeats the term („his loyal ones“), making the whole passage a heroic poem dedicated to the chasîdîm. [...] In terms of grammatical structure, v. 5 is an apposition to the subject chasîdîm (v. 5a), expanded into v. 6, and the follwoing three lines (vv. 7-9), all beginning with an infinitive construct prefixed by the particle le expressing the purpose or mode of an action.“
Wenn man es so deutet, wäre es sinnvoll, V. 6 abzuheben mit einem Gedankenstrich o.Ä. (Zurück zu v.5 / zu v.6)
nPrimärentscheidung einzig wg. obiger „Musikalität“ des Preises.
„Lobeserhebungen“: Streng etymologisch gesehen heißt רוֹמַם eigtl. „Erhebung“ (Kön S. 436: „Erhebung, Rühmen, meton. [...] st. Vermittlung: Lobpreis). Etymologie hin oder her ist aber „Lobpreis“, „Loblied“ einfach das deutsche funktionale Äquivalent zu רוֹמַם, so dass man von einer solchen „wörtlichen“ Übersetzung durchaus Abstand nehmen sollte; daher ist dies die letzte Sekundärentscheidung. (Zurück zu v.6)
odas waw wurde auch schon als Waw adaequationis oder Waw explicativum gedeutet (vgl. Lexikon / Lemma וְ). Unter Anderem haben Hossfeld / Zenger 2008, S. 856 diese Vorschläge verworfen. Zum Waw adaequationis vgl. bes. Tournay 1985; dagegen z.B. auch Booij 2008, S. 105; bes. aber Vanoni 1991. (Zurück zu v.6)
pso Kraus 1966, S. 965 (Zurück zu v.6)
qwas wir hier als Primärübersetzung angegeben haben, ist die Standartübersetzung. Die vier Inf. cstr. mit ל-finalis werden für gewöhnlich so gedeutet, dass die im Psalm Angesprochen das in Vv. 5-6 Genannte tun sollten, damit sie dann auch Rache und Züchtigung üben, Könige und Adelige binden und ein Gericht vollziehen könnten (vgl. z.B. Gunkel 1903, S. 367: „The third strophe [=Vv. 7-9] continues to picture this conquest of the world by Israel. Hitherto the heathen have oppressed them, now the Jews take vengeance; hitherto the heathen wronged them, now the Jews bring punishment.“). Der damit geschilderte Sachverhalt - der nämlich, dass die Frommen / Getreuen mit dem Schwert ein Strafgericht an den Völkern und Nationen verüben würden -, wäre jedoch gänzlich singulär in der Bibel, weshalb etwa Leuenberger 2010 bis ins Henoch-Buch hinein suchen muss, um Parallelen für diesen hier vermeintlich geschilderten Sachverhalt zu finden. Dagegen keineswegs singulär, sondern ein sehr häufiges Motiv in der Bibel wäre das Motiv des JHWH-Krieges, das auch Hossfeld / Zenger 2008 im Psalm verdichtet sehen:
„Die [...] Kriegsmetaphorik des Psalms muss vom Konzept des sog. Heiligen Krieges bzw. des JHWH-Krieges verstanden werden. In diesem ist entscheidend, dass JHWH allein den Sieg herbeiführt, während Israel als bewaffnete Formation nur zuschauen soll (vgl. Ex 14,13f.) bzw. das Kriegsgeschrei ertönen lässt (vgl. Ri 6,21f.). In der Spätzeit des Alten Testaments genügt es, wie 2Chr 20,15-24 zeigt, dass das Volk sogar "nur" Psalmen singt, damit die Feinde vernichtet werden. Dieses „Kriegsmodell“ ist offensichtlich in Ps 149 vorausgesetzt, wenn die Getreuen JHWHs mit dem Schwert in der Hand die Jubellieder auf JHWH singen sollen, um so das Strafgericht über die Feinde auszulösen.“

Deutliche Beispiele für diesen Gedanken sind etwa Ps 47,3-4: „Als Höchster wird der Herr gefürchtet, / als großer König auf der ganzen Erde. / Er unterjocht uns Völker / und Nationen legt Er uns zu Füßen [...].“ (Grünewalder); Jes 54,5b.15: „Der Heilige Israels ist dein Befreier; „Gott aller Welt“ heißt er. [... Jahwe spricht:] Wer angreift, wird von Mir vernichtet. Wer mit dir kämpft, fällt deinetwegen.“ (Grünewalder) u.ö.
Ps 149 in diese Richtung zu deuten liegt auch deshalb nahe, da das Motiv des JHWH-Krieges auch vergleichsweise häufig in Jes seinen Ausdruck findet; und Bezüge zwischen Jes und Ps 149 sind schon häufiger gesehen worden (vgl. z.B. Deissler 1989, S. 570; ähnlich auch Allen 1983; Booij 2008; Dahood 1970; Hossfeld / Zenger 2008). Zudem fügten sich die Verse, derart übersetzt, deutlich besser in den Kontext des Psalms (einer Doxologie auf JHWH, nicht etwa der tapferen Soldaten Israels).

Wäre es dann nicht auch sinnvoll, wenn dieses hier vermutlich verdichtete Konzept sich auch in Text und Übersetzung ablesen lassen würde? Ich habe deshalb die mit dieser Fußnote „befußnoteten“ Übersetzungsalternativen hinzugefügt, die grammatikalisch auch durchaus möglich sind: Der Infinitivus constructus ist sowohl „a-temporal“ als auch „a-personal“, was so viel heißt, wie „[...] that only the context determines the time/aspect features of the action as well as the subject of the action itself.“ (Arnold / Choi 2003, § 341). Für gewöhnlich führt er Zeit, Aspekt und Subjekt des vorangehenden finiten Verbs fort; in Einzelfällen kann er aber auch beispielsweise Subjektwechsel einführen - vgl. z.B. 1Sam 8,11f. (hierzu auch Beer 1916, §98.7): „[...] Eure Söhne wird er nehmen und sie seinen Kriegswagen und seiner Reiterei zuteilen, auf dass sie vor seinem Wagen her laufen mögen und auf dass er sie (wiederum) zu Obersten über Tausend [...] mache(n könne) [...].“ (leicht abgeändert nach SLT 2000) u.ö. (zu v.7 / zu v.8 / zu v.9)
rnicht: „Strafgericht“ o.Ä. - „„Züchtigungen“: Begriff aus der Erziehung [...](Hossfeld / Zenger 2008, S. 868 (Zurück zu v.7)
sEinige Kommentatoren und Übersetzungen möchten die beiden Fessel-Termini durchaus spezifischer als oben vorgeschlagen übersetzen, z.B. mit (1) „Handschellen“ und (2) „Fußketten“ (vgl. z.B. Alter 2007, S. 513; Gunkel 1911, S. 276). Und in der Tat listen etwa König 1922 und Ges18 neben „Fesseln“ auch „Fußeisen“ für כֶבֶל; allerdings gibt es, soweit ich das sehe, für die spezifische Bedeutung „Fuß-ketten“ nicht mehr Anhaltspunkte als den, dass in Ps 105,18 einmal auch Füße mit diesen Fesseln gefesselt werden. כֶבֶל bedeutet „Fesseln, Ketten“; mehr ist nicht wirklich sicher. (zu v.8)
tso sehr schön Schmidt 1934, S. 256) (Zurück zu v.8)
uÜbersetzungsalternativen nach Hossfeld / Zenger 2008, S. 857. (Zurück zu v.9)
vwörtlich: „um an ihnen zu vollziehen geschriebenes Recht“; „wie geschrieben steht“ ist aber die Standart-Übersetzung. Worauf genau das „wie geschrieben steht“ sich bezieht, darüber ist schon sehr viel spekuliert worden. Allerdings ist mir noch keine Auslegung begegnet, die qualitativ wirklich über Spekulationen hinausgehen würde. Am wahrscheinlichsten scheint mir, dass es entsprechend der Wendung כַּכָּתוּב („wie geschrieben steht“) zu verstehen ist - einer Hinweisformel, mit der man sich in der Bibel standartmäßig auf bereits existente, normative Stellen aus der heiligen Schrift bezieht (vgl. Donner 1994, S. 234). (Zurück zu v.9)
wDrei mögliche Deutungen lässt dieser Vers zu.

(1) - die Mehrheitsdeutung: All das zuvor geschilderte, von den „Frommen“ erreichte, bringt ihnen oder ist ihre Ehre / Ruhm (Ruhm nach BDB u. Zorell); Übersetzung: „Das bringt seinen Frommen Ruhm.“ o.Ä.; vgl. z.B. Gerstenberger 2001, S. 455: „All the heroic accomplishments of the chasîdîm are considered their „glory“ [...].“ Das Problematische an dieser Deutung ist, dass damit gerade in einer Doxologie Gottes ein Motiv, das öfter im Zhg. mit Gott verwendet wird (vgl. z.B. Jes 2,10.19.21; s. auch THAT I:471f.) hier sogar mit dem selben Vokabular auf seine „Frommen“ übertragen würde. Vorzuziehen ist daher:
(2) Gesetzt, dass man Deutung von כָבוֹד als Appellativ für Gott akzeptiert, lässt sich auch die Bedeutung dieses Verses lesen i.S.v. „JHWH ist ihre Herrlichkeit“; V. 9b drückte dann einen ähnlichen Gedanken wie V.5a aus. So z.B. Bernfeld; Buber; RVmg; Tur-Sinai; Zunz und neuerdings wieder Zenger 1987, S. 53 und Hossfeld / Zenger 2008, S. 855.
(3) Diese Deutung erscheint mir am sinnvollsten, sie ist aber gleichzeitig die am seltensten Vertretene. Ehrlich 1905, S. 392, verstand die hier erwähnte „Verherrlichung“ nicht als Zustand („Dies / er ist), sondern dynamisch: „Etwas ist Pracht, ist=es bedeutet Pracht, das heisst, es bringt solche ein.“ Auch Gunkel verstand die Verherrlichung als Widerfahrnis und übersetzt: „so werden all seine Frommen verherrlicht.“, und die BasisBibel übersetzt sehr frei: „So zeigt sich sein Glanz in der Welt. / Alle seine Frommen haben daran teil.“ Dieses Verständnis scheint mir das Richtige zu sein; es ist sehr gut möglich, dass hier ein häufigeres Motiv der Bibel seinen Ausdruck findet: „Er ist die Herrlichkeit seiner Frommen“ müsste verstanden werden i.S.v. „An Jahwes Herrlichkeit [ebenso wie an seinem Sieg, s.o.] haben seine Erwählten Anteil, Israels König (Ps 21,6; 45,4.5; Spr 14,28), die Frommen (Ps 149,9; vgl. Mi 2,9), Jerusalem (Ez 16,14) und der Zion (Klgl 1,6).“ (THAT I:472).

Nicht zunächst die „Frommen“ JHWH’s sind hier „prächtig, herrlich, voll der Ehre“ - diese Aussage machte gar keinen Sinn in einer Doxologie auf JHWH. Sondern JHWH ist es, und vermittels JHWH auch seine Frommen. Diese Lesart macht auch den Zusammenhang zwischen einer zukünftigen Aussicht auf Heil und Rettung und der damit begründeten aktuellen Doxologie auf JHWH klar: Die Aussichten sind gerade deshalb schon jetzt sicher und darum schon jetzt preiswürdig, weil die Aussicht auf Herrlichkeit und Sieg zunächst die Aussichten JHWHs sind, und erst vermittels dieser seiner Aussichten auch die seiner Getreuen, auf die diese seine Ehre und Herrlichkeit abstrahlt. V. 9 wäre so die Wiederholung gleichzeitig der Verse 4b und 5a, was gut zur Struktur des Psalmes passt. Und es klänge hervorragend zusammen mit Vers 4b, wenn man auch dort (s.o.) ein double duty-Suffix läße: Mit seinem Sieg verherrlicht JHWH (auch) seine Frommen. (zu v.9)